LI 54, Herbst 2001
Das Kamel haben wir von den Barbaren
Elementardaten
Textauszug
Rita Dove
DAS KAMEL HABEN WIR VON DEN BARBAREN
Dies eine ist riesig: grob geschnitten
sein Fell, wie gewalkter Filz –
und gleich so viel davon erhebt sich
in zwei unanständigen Hügeln auf seinem Rücken,
als hätte der Sand selbst in den Bart
des Himmels gerülpst. Ihr Götter,
welche Böswilligkeit! Das Auge, ein beständig
rotierender Planet, der unheilvoll glitzert,
gelblich, haarverklebt – mehr Haare
als du oder ich jemals zählen könnten –,
beobachtet jede Bewegung seines Wärters
und wartet, daß er ihm zu nahe kommt –
ein einziger Tritt würde jeden zum Krüppel machen.
Ein zweites Exemplar steht brüllend dort hinten
unter der Palme. Etwas schmächtiger,
doch genauso erschreckend – seine Lenden zerren
am Pflock –, mächtig wie der Gestank,
der unseren ausgedörrten Marktplatz sättigt.
Im größeren scheint ein Entschluß zu lauern:
Mit gespreizten Hinterbeinen reißt es an den Seilen,
schnaubt wütend, sabbert, zwingt den wuchtigen Kopf
zu diesem furchtbaren Laut. Könnte
das farblosere ein Weibchen, seine Gefährtin sein?
Noch weitere Monster, mitten unter uns!
Und doch... wenn diese scheußlichen Kreaturen
wie Gänse oder Hunde sind, ihr Junges
lernt, sich an den zu schmiegen,
der sie zuerst liebkost – es ist doch
so, unser Schicksal ist festgepflockt.
Laßt uns mit aller Strenge auf sie blicken,
und dann sie, ihren Diensten angemessen,
mit dem entlohnen, was sie am meisten begehren.
Ein ungewöhnliches Gut sind diese Tiere –
die nicht ahnen können,
welchen Durst nach Schönheit das Mitleid stillt,
welche Berge es versetzt.