LI 115, Winter 2016
Zu Shakespeare
Aus der Vertrautheit mit seinem Werk, auf Papier und auf der BühneElementardaten
Übersetzung: Aus dem Englischen von Bernhard Schmid
Textauszug: 1.457 von 6.562 Zeichen
Textauszug
(…)
Shakespeare schreibt über die offene Wunde, und durch ihn kennen wir sie geöffnet und kennen sie geschlossen. Wir sehen, wenn sie zu pulsieren aufhört, und wir sehen sie auf dem fiebrigen Höhepunkt.
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Er gehört natürlich letztendlich einem Geheimbund an, einer Verschwörung, deren einziges Mitglied er ist. In diesem Sinne, und nicht nur in diesem, ist er ein Missetäter, ein Wahnsinniger, ein Deserteur, ein Kriegsdienstverweigerer, ein Gassenkind, eine Gefahr für die Gesellschaft und ein Antichrist.
Er ist außerdem ein Bettler, ein Straßenfeger, ein Kesselflicker, ein Haschischtrinker, ein Lepröser, ein Päderast, ein Zeitungsjunge, ein Krankenpfleger, ein Sonnenanbeter und ein sabbelnder Idiot.
Desgleichen ist er ein Verkehrspolizist, Mitglied im Oxforder Ruderteam, Heckenschütze, beeidigter Buchrevisor, Brautführer, Busschaffner, Fremdenführer, Eheberater, Kirchgänger, Bühnentischler, Schiedsrichter, Akrobat und Gerichtsschreiber.
(…)
Er übersteht Feuer, Brandstiftung, Notzucht, Plünderung, Verheerung, Betrug, Knechtschaft, Mord, Einmischung, Snobismus, Läuse, Eifersucht, Schlangenbisse, klamme Betten, Senkfüße, Taschenspielertricks, Kurpfuscherei, Mastoiditis, entzündete Fußballen, Hagelschlag, Blasenprobleme, Ohnmachtsanfälle, überanstrengte Augen, morgendliches Unwohlsein, Hitze, Schmutz, Revolte, Pestilenz, Suizid. All das macht er durch, verübt, überlebt es.
Nie reißt das Gewebe. Die Wunde ist offen. Die Wunde ist voller Leben.